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Aut idem: OLG Frankfurt am Main verwirft Aufweichung des Begriffs „gleicher Indikationsbereich“

Aut idem: OLG Frankfurt am Main verwirft Aufweichung des Begriffs „gleicher Indikationsbereich“
(Dienstag, 11. Mai 2010)

1. Überschneiden sich die Anwendungsgebiete von wirkstoffgleichen Arzneimitteln lediglich, liegt kein „gleicher Indikationsbereich“ im Sinne des § 129 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor.

2. Ein solches Arzneimittel mit mehr Anwendungsgebieten darf vom Apotheker nicht durch ein wirkstoffgleiches mit weniger Anwendungsgebieten substituiert werden.

3. Ein Informationsblatt für Apotheker, das auf dieses Substitutionsverbot hinweist, ist keine irreführende Werbung.

OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.03.2010 - 6 U 198/09, Juris, rechtskräftig

Bislang war Konsens, dass ein im Indikationsbereich nicht übereinstimmendes Arzneimittel nicht ausgetauscht werden darf, wenn das Substitutionspräparat weniger Indikationen hätte. Denn nur so konnte die Tatbestandsvoraus- setzung „gleicher Indikationsbereich“ erfüllt werden (siehe: Jäkel, Pharm. Ind. 2002, 660).

Der Sparzwang von Politik und Kassen führte zur neuen Auslegung des nicht im Arzneimittelrecht verankerten Begriffs „gleicher Indikationsbereich“.

Der vom Bundesministerium für Gesundheit und verschiedenen Kassen vertretenen Auffassung, für die Aut-idem-Substitution genüge es, wenn eine einzige Indikation beider wirkstoffgleicher Arzneimittel übereinstimme, wird vom OLG Frankfurt mit sehr guten Argumenten eine eindeutige Absage erteilt.

Praxishinweis:

Das OLG Frankfurt führt darüber hinaus aus, dass ggf. die Übereinstimmung in der konkreten Indikation für eine Substitution ausreiche (so Hanseatisches OLG, Urt. v. 02.07.2009 - 3 U 221/08, PharmR 2009, 528). Allerdings ist der Apotheker in der Regel nicht in der Lage, die Indikation, für die der Arzt verordnet hat, festzustellen. Entsprechende Hinweise auf dem Rezept oder Antworten auf telefonische Nachfragen des Apothekers wären eine Schweigepflichtverletzung des Arztes.